Aufgrund des derzeitigen Umfelds und der über die vielen Jahre gestiegenen Immobilienpreise bleiben die Überhitzungsgefahren am Markt hoch. Die bedeutendsten Risiken für die von der FINMA beaufsichtigten Institute liegen in den Bereichen Kreditrisiken (Kreditausfallrisiko) und Marktrisiken (Bewertungsrisiko).
Die von Banken gewährten Hypothekarkredite im Inland sind weiterhin gestiegen und erreichten Mitte Juni 2024 rund 1,2 Billionen Franken, wobei die Wachstumsraten im Renditesegment nach wie vor höher sind als im Segment Wohneigentum. Versicherungen und Pensionskassen gewähren ebenfalls Hypotheken, ihr Anteil ist mit 3 Prozent bzw. 2 Prozent des gesamten Hypothekarmarktes jedoch sehr klein. Bei Versicherungen ist dieser Anteil seit einigen Jahren sogar rückgängig. Lebens- und Schadenversicherungen haben im Tiefzinsumfeld der letzten Jahre das Exposure in Immobilien tendenziell erhöht. Das Hypothekarvolumen beläuft sich auf 24 Prozent der Kapitalanlagen für Lebensversicherer und auf 8 Prozent für Schaden- und Krankenversicherer. Damit ist das Exposure für Lebensversicherungen substanziell. Ausserdem investieren auch Immobilienfonds direkt in Immobilien. Derzeit sind 75 schweizerische Immobilienfonds mit einem Nettofondsvermögen von 68,45 Milliarden Franken unter der Aufsicht der FINMA. Mehrheitlich sind die schweizerischen Immobilienfonds in Schweizer Immobilien investiert.
Das Hypothekarkreditausfallrisiko hat zwei Aspekte:
Erstens besteht das Risiko, dass die Kundinnen und Kunden den Zins- und Amortisationsverpflichtungen nicht nachkommen können und es beim kreditgebenden Institut zu einem Kreditausfall kommt. Das Risiko eines Ausfalls ist umso grösser, je schlechter die Tragbarkeit, d. h. je höher das Verhältnis zwischen den laufenden Aufwänden (Zinsaufwand, Amortisation und Unterhalt) und dem Einkommen der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers ist. Die prinzipienbasierte Regulierung der Tragbarkeitsberechnung führte zu einem grossen Spielraum der Tragbarkeitskriterien. Die Banken können sie selbst definieren. So beobachtet die FINMA häufiger, dass zum Beispiel der kalkulatorische Zinssatz zu tief oder die Tragbarkeitsgrenze zu hoch angesetzt wird. Dies kann dazu führen, dass die Banken die Kreditfähigkeit der Schuldnerinnen und Schuldner überschätzen. Ausserdem vergeben etliche Banken einen zu hohen Anteil an Krediten ausserhalb der eigenen Vergabekriterien (sogenannte ETP-Geschäfte). Hierbei gewähren sie Hypotheken, obwohl sie beispielsweise die Finanzierung für die Schuldnerinnen und Schuldner kalkulatorisch als nicht tragbar beurteilen. Gemäss der Selbstregulierung müsste dies die Ausnahme darstellen. Das Überschätzen der Kreditfähigkeit sowie häufige ETP-Geschäfte können das Kreditausfallrisiko erhöhen und widersprechen einer vorsichtigen und umsichtigen Kreditvergabepraxis. Die FINMA setzt ihre Aufsichtsinstrumente ein, um die Vergabekriterien bei auffälligen Instituten zu verstehen und ordnet bei Bedarf Eigenmittelzuschläge an. Allerdings sind die Anforderungen an die Bonität und Tragbarkeit auch mit der revidierten Selbstregulierung prinzipienbasiert. Die FINMA wird die Anwendung der prinzipienbasierten Regulierung in diesem Bereich weiter im Auge behalten und – je nach Entwicklung der Risiken – eine regelbasierte Regulierung in Betracht ziehen.
Zweitens besteht das Risiko, dass der Wert der Liegenschaft, der als Sicherheit dient, sinkt und so beim Institut bei einem Kreditausfall Verluste entstehen. Die Bedingungen für weitere Preiserhöhungen im Wohnsegment sind nach wie vor vorhanden. Die Schweizer Wirtschaft wächst moderat, der Bau von neuem Wohnraum verläuft langsam, die Zuwanderung ist konstant hoch und die Inflation rückgängig. Der kommerzielle Bereich ist mit grösseren Risiken verbunden. Vor allem im Bereich der Büro und Verkaufsflächen sind aufgrund der anhaltenden Trends zu Homeoffice und Online-Shopping strukturelle Veränderungen im Gange mit zum Teil hohen Leerständen in gewissen Regionen. Um das Bewertungsrisiko zu vermindern, sollten Finanzinstitute Liegenschaften vorsichtig bewerten und von den Kreditnehmerinnen und -nehmern genügend Eigenmittel verlangen sowie ausreichende Amortisationszahlungen vereinbaren. Die Selbstregulierung der Banken setzt in diesem Bereich lediglich einen Mindeststandard. Aufgrund der Risiken empfiehlt die FINMA den Banken, die Belehnungsgrenzen der Renditeobjekteeinschliesslich der Buy-to-let-Finanzierungen nicht zu erhöhen.
Im Zusammenhang mit Immobilienbewertungen hat die FINMA eine Umfrage bei 27 Banken und 18 Versicherungen durchgeführt und dabei festgestellt, dass viele Institute die verwendeten Bewertungsmodelle nicht regelmässig validiert oder kritisch überprüft haben. Anforderungen und Standards bezüglich Bewertungsmodellen werden nicht in der Eigenmittelverordnung selbst geregelt, sondern im Rahmen der Selbstregulierung der Industrie. Die Erwartung an eine angemessene und regelmässige Validierung wurde den Instituten ausgesprochen. Mit der revidierten Selbstregulierung für Banken, die per 1. Januar 2025 in Kraft tritt, sind die angewandten Bewertungsmodelle mindestens einmal im Jahr zu validieren. Schliesslich zeigen Umfragen der FINMA, dass die Mindestkapitalisierungssätze für die Bewertung von Renditeliegenschaften teilweise tief angesetzt werden, was zu zu hohen Bewertungen führen kann. Dies erhöht wiederum das Risiko einer Bewertungskorrektur der als Sicherheit dienenden Liegenschaften.
Institute, die direkt oder indirekt in Immobilien investieren, sind dem Risiko von Preisveränderungen bzw. dem Bewertungsrisiko ausgesetzt. Für Versicherungen vermindert sich bei einer Korrektur der Immobilienpreise aufgrund der marktkonformen Bewertung der Bilanz im Schweizer Solvenztest (SST) der Wert der Aktiva und die Solvenz verschlechtert sich. Bei Immobilienfonds führen deutliche Korrekturen bei den Immobilienpreisen zu steigenden Fremdverschuldungsquoten, sodass unter Umständen die Vorgaben zur maximalen Belehnung für Immobilienfonds überschritten werden. Sieht sich der Immobilienfonds gleichzeitig noch mit Rücknahmen von Anlegerinnen und Anlegern konfrontiert, steigt das Liquiditätsrisiko stark an. In der Folge kann der Immobilienfonds gezwungen sein, in einem schwierigen Marktumfeld Liquidität zu beschaffen, um die Fremdverschuldungsquote zu reduzieren und die Rücknahmen der Anlegerinnen und Anleger fristgerecht bedienen zu können. Dies kann dann häufig nur durch den Verkauf von Immobilien erreicht werden oder sogar zur Liquidation des Fonds führen.
Grundsätzlich wären die Folgen einer Immobilienkrise für den Schweizer Finanzplatz erheblich. Stresstests der FINMA zeigen, dass insgesamt Verluste im zweistelligen Milliardenbereich entstehen könnten. Einige Banken hätten zu wenige verlustabsorbierende Eigenmittel, um die Verluste für das Hypothekarportfolio tragen zu können. Besonders hoch wären die zu erwartenden Verluste in den Segmenten der Renditeobjekte, vor allem die Verluste im Segment der Gewerberenditeliegenschaften. Diese Segmente sind sehr zinssensitiv, weshalb sie auch höhere Verlustraten in den Stressszenarien der FINMA aufweisen. Aufgrund der Risiken empfiehlt die FINMA den Banken, die Belehnungsgrenzen der Renditeobjekte, einschliesslich der Buy-to-let-Finanzierungen, nicht zu erhöhen. Einige Banken sind auch in Immobilienmärkten im Ausland aktiv, wo im Vergleich zur Schweiz deutlich stärkere Zinssteigerungen erfolgt sind. Hier können sich Bewertungsverluste entsprechend stärker auf die Kreditqualität auswirken, und die FINMA erwartet von den Banken ein angemessenes Risikomanagement in den betroffenen Segmenten.
(Aus dem Risikomonitor 2024)