Entwicklung der Digitalisierung im Finanzbereich (2024)

Die FINMA nutzt in der Aufsichtstätigkeit zunehmend technologiegestützte und datenbasierte Anwendungen und steigert mit der Digitalisierung von Prozessen ihre Effizienz. Sie nimmt sich neuer Entwicklungen am Finanzmarkt aktiv an und beurteilt innovative Geschäftsmodelle risikobasiert und technologieneutral.

Die Innovationstätigkeit des Schweizer Finanzplatzes bleibt hoch. Die FINMA beantwortete auch 2024 Anfragen von Beaufsichtigten zu innovativen Erweiterungen der Geschäftsmodelle wie auch von neuen Akteurinnen und Akteuren, die in den Markt eintreten wollen, zügig und sachkundig.

Zwei Gesuche für DLT-Handelssysteme eingereicht

2021 trat die sogenannte DLT-Vorlage in Kraft, das Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen in der Technik der verteilten Register (Distributed-Ledger-Technologie, DLT). 2024 bearbeitete die FINMA zwei Bewilligungsgesuche für DLT-Handelssysteme.

Die FINMA klärte bei dieser Gelegenheit wichtige Grundsatzfragen. Sie hielt fest, dass Emittenten auch für ihre an DLT-Handelssystemen zugelassene DLT-Effekten typische Emittenten-Pflichten haben. Dazu gehören die Pflichten zur Ad-hoc -Publizität oder die Offenlegung von Management-Transaktionen. Daneben verlangt die Regulierung von Betreiberinnen und Betreibern, die ihre Abwicklungsinfrastruktur auf einer Public Blockchain haben, dass sie Massnahmen zur Eingrenzung von operationellen Risiken treffen. Dies beinhaltet technische Prüfungen der verwendeten Technologie, etwa der Public Blockchain selbst sowie des Quellcodes von sogenannten Smart Contracts. Diese Code Audits helfen, Sicherheitslücken oder Fehler aufzudecken. Smart Contracts sind selbstausführende digitale Verträge, die auf einer Blockchain gespeichert sind und unter bestimmten Bedingungen automatisch ausgeführt werden.

Bei DLT-basierten Abwicklungssystemen ist die Frage der Finalität zu klären, also wann eine Verfügung über DLT-Effekte rechtswirksam ist. Sie muss die technische Besonderheit berücksichtigen, dass Einträge in der Blockchain technisch nie hundertprozentig final sind (juristische Finalität vs. probabilistische Finalität der Blockchain). Die FINMA verlangt hier von Betreiberinnen und Betreibern eines DLT-Handelssystems klare, transparente und verpflichtende Regeln für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie müssen eindeutig festlegen, wann juristisch die Finalität des Eigentumsübergangs eintritt. Ebenso legt die FINMA Wert auf eine effektive Strategie im Hinblick auf die Geschäftskontinuität (Business Continuity Management, BCM). Darüber hinaus müssen Vorkehrungen für einen möglichen Ausfall einer Komponente der DLT-Infrastruktur getroffen werden. Bei einer DLT-basierten Abwicklungsinfrastruktur verlangt die FINMA Massnahmen und Regeln, wie bei einem dysfunktionalen Netzwerk mit den zum Handel zugelassenen Effekten umzugehen ist (z. B. Ungültigerklärung, Neuausgabe, alternative Handelsmöglichkeiten usw.). Dabei müssen sowohl die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie auch die Emittenten in den Prozess miteinbezogen werden.

Schliesslich stellte die FINMA fest, dass ausländische Teilnehmerinnen und Teilnehmer keine separate Bewilligung benötigen (Remote-Member-Bewilligung). Gleichwohl muss ein DLT-Handelssystem sicherstellen, dass ausländische nicht-private Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemessen beaufsichtigt werden und gleichwertigen regulatorischen Pflichten unterliegen wie inländische Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Intensive Aufsicht über Institute im Fintech-Bereich gemäss Artikel 1b des Bankengesetzes

Die Aufsicht über Institute mit Fintech-Bewilligung gemäss Artikel 1b des BankG, sogenannte 1b-Institute, erwies sich auch im Berichtsjahr als intensiv. Der Schutz der Einlegerinnen und Einleger infolge knapper Kapital- und Liquiditätslage der Institute stand dabei im Zentrum. Bei diesen Instituten handelt es sich in der Regel um Start-Ups, die erwartungsgemäss grosse Ausgaben für den Aufbau und Markteintritt haben und anfänglich über keine oder wenige Einnahmen verfügen. Ein gelungener Markteintritt hängt von erfolgreichen Finanzierungsrunden und einem tragfähigen Geschäftsmodell ab. Die Geschäftsmodelle liegen im Bereich der Zahlungsdienstleistungen, der Markt in diesem Bereich ist kompetitiv und weist kleine Margen auf. Es zeigte sich, dass Geschäftsmodelle erfolgreich sein können, die eine Nische mit einzigartigem Angebot oder spezialisiertem Kundensegment adressieren.

Die FINMA forderte, dass Fintech-Institute über eine laufende Kapital- und Liquiditätsplanung verfügen und Engpässe rechtzeitig erkennen können. Gleichwohl kam es im Berichtsjahr bei mehreren Instituten zu gefährlichen Konstellationen. Die Lage verschärfte sich oftmals aufgrund der fraglichen Werthaltigkeit von Aktiven in Gone-concern-Szenarien, wenn ein Unternehmen Schwierigkeiten hatte, seine Geschäfte fortzuführen und eine Liquidation erwogen werden musste. Dies betraf namentlich die Bewertung von selbst entwickelter Software, die oft ein wesentliches Aktivum darstellt und sich unter Zeitdruck mitunter nur schwer veräussern lässt.

Erwartungen an Stablecoin-Projekte formuliert

Die FINMA hatte sich bereits 2019 zur möglichen Bewilligungspflicht für Herausgeberinnen und Herausgeber von Stablecoins geäussert, in Ergänzung zur Wegleitung zu Initial Coin Offerings. Zudem hatte die FINMA im Jahresbericht 2021 dargelegt, dass Stablecoin-Herausgeberinnen und -Herausgeber gemäss dem Geldwäschereigesetz (GwG) dafür sorgen müssen, dass sämtliche über die Stablecoins verfügenden Personen vom Emittenten selbst oder von angemessen beaufsichtigten Finanzintermediären hinreichend identifiziert werden. So wie anonyme Konten verboten sind, sind anonyme Stablecoins verboten.

In der Berichtsperiode vertiefte die FINMA mit der Aufsichtsmitteilung 06/2024 die finanzmarktrechtlichen Anforderungen und wies insbesondere beteiligte Banken auf einschlägige Risiken hin. Stablecoins verfolgen das Ziel, auf einer Blockchain einen Vermögenswert mit geringer Preisvolatilität darzustellen, dies im Allgemeinen durch eine Anbindung an eine staatliche Währung. Um dies zu erreichen, haben die Stablecoin-Inhaberinnen und -Inhaber in der Regel einen jederzeitigen Einlösungsanspruch gegenüber dem Herausgebenden. Deshalb liegt in dieser Beziehung meist eine Einstufung als bankenrechtliche Einlage vor. Die FINMA hob in der erwähnten Aufsichtsmitteilung denn auch die steigenden Geldwäscherei-, Terrorismusfinanzierungs- und Sanktionsumgehungsrisiken hervor, die durch die Möglichkeit anonymer Übertragungen von Stablecoins entstehen.

Daneben stellte die FINMA fest, dass in der Schweiz verschiedene Stablecoin-Herausgeberinnen und -Herausgeber Ausfallgarantien von Banken nutzen und damit selbst keine bankenrechtliche Bewilligung benötigen. Die FINMA legte zum Schutz der Stablecoin-Inhaberinnen und -Inhaber ihre Mindestvoraussetzungen an solche Ausfallgarantien dar und wies auf die verbleibenden Risiken für die Kundinnen und Kunden sowie auf operationelle, Rechts- und Reputationsrisiken für die garantierenden Banken hin.

Die FINMA setzte sich im Rahmen des laufenden Regulierungsprojekts unter der Leitung des EFD und des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) dafür ein, dass die in der Aufsichtsmitteilung dargelegten Risiken angemessen adressiert werden.

Umsetzung der Aufsichtserwartungen im Zusammenhang mit Staking

In der Aufsichtsmitteilung 08/2023 hatte die FINMA ihre Praxis hinsichtlich Staking-Dienstleistungen dargelegt. Beim Staking können Inhaberinnen und Inhaber von bestimmten Kryptowährungen diese sperren lassen, um damit die Sicherheit und den Betrieb eines Blockchain-Netzwerks zu unterstützen. Im Gegenzug erhalten sie eine Belohnung, oft in Form von zusätzlichen Coins. Bei Vor-Ort-Kontrollen stellte die FINMA im Berichtsjahr fest, dass Kundinnen und Kunden über die mit Staking verbundenen Risiken und Rechtsunsicherheiten besser aufgeklärt werden. Allerdings wurde mehrfach nicht ausreichend auf das Gegenparteirisiko infolge der Rechtsunsicherheit bei Ausfall eines Staking-Dienstleisters hingewiesen. Zudem fehlte regelmässig eine Aufklärung über die spezifischen Risiken der jeweiligen Blockchain-Technologie.

Einzelne Institute zeigten auch Lücken bei der Prüfung der beigezogenen Validator-Node-Betreiberinnen und -Betreiber sowie bei der Ausarbeitung von Notfallszenarien, falls ein solcher Drittdienstleister einen Ausfall hat. Schliesslich hielt die FINMA die Institute dazu an, ihr Digital Assets Resolution Package (DARP) zu ergänzen und regelmässig zu aktualisieren. Das DARP dient dem Liquidator im Konkursfall als Informationsgrundlage, um auf die kryptobasierten Vermögenswerte zugreifen und diese korrekt den jeweiligen Kundinnen und Kunden zuordnen und auszahlen zu können.

Neben dem Staking war die Umsetzung der Anforderungen an ausländische Verwahrdienstleister ein Thema. Die Finanzinstitute müssen sicherstellen, dass die Verwahrdienstleister ihre Geschäftstätigkeit nicht unerlaubt ausüben, sie im Ausland prudenziell beaufsichtigt sind und in einer Jurisdiktion tätig sind, die die gleiche Rechtssicherheit hinsichtlich der konkursrechtlichen Behandlung verwahrter kryptobasierter Vermögenswerte gewährleistet wie die Schweiz.

 


Dossier Fintec



(Aus dem Jahresbericht 2024)


Jahresbericht 2024

Zuletzt geändert: 08.04.2025 Grösse: 2.6  MB
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