Anerkennung ausländischer Konkursdekrete und Insolvenzmassnahmen

Ausländische Konkursdekrete und Insolvenzmassnahmen entfalten zunächst keine Wirkung in der Schweiz. Betreffen sie Finanzintermediäre, ist es Aufgabe der FINMA, über die Anerkennung ausländischer Dekrete zu entscheiden.

Im schweizerischen Konkursrecht gilt das Territorialitätsprinzip. Ausländischen Konkursdekreten und Insolvenzmassnahmen werden demnach auf schweizerischem Territorium grundsätzlich direkte Auswirkungen versagt. Sie entfalten nur Rechtswirkung, soweit sie formell durch die Schweiz anerkannt werden. Sind ausländische Finanzintermediäre betroffen, so hat die FINMA die gesetzliche Zuständigkeit, über eine solche formelle Anerkennung sowie über die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen zu entscheiden. Dies gilt für Banken, Versicherungen oder kollektive Kapitalanlagen (vgl. Art. 37g BankG bzw. die spezialgesetzlichen Verweisungsnormen; Subsidiär beziehungsweise ergänzend hierzu finden die Art. 166ff. des IPRG Anwendung).

Erfüllung wesentlicher Voraussetzungen

Wesentliche Voraussetzungen für eine Anerkennung sind die Vollstreckbarkeit in dem Land, in dem das Dekret oder die Massnahme erlassen oder angeordnet worden ist, sowie das Fehlen von Verweigerungsgründen für eine Anerkennung. Letztere umfassen u. a. einen Verstoss gegen den ordre public, unterlassene Ladung einer Partei, fehlendes rechtliches Gehör oder Verletzung weiterer wesentlicher Grundsätze des schweizerischen Verfahrensrechts.

Auf das Vorliegen des Gegenrechts kann indes verzichtet werden, sofern dies im Interesse der betroffenen Gläubigerinnen und Gläubiger liegt. Die Anerkennung sowie die Entscheidung über die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen erfolgen auf dem Verfügungsweg und werden im schweizerischen Handelsamtsblatt sowie auf der Webseite der FINMA veröffentlicht.

Partikularverfahren nach schweizerischem Recht

Die Anerkennung ausländischer Konkursdekrete zieht grundsätzlich die Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens über das in der Schweiz belegene Vermögen der ausländischen Konkursitin nach sich (Art. 170 Abs. 1 IPRG). Dies gilt analog auch für ausländische Sanierungsverfahren. An diesem Partikularverfahren nach schweizerischem Recht können pfandgesicherte und privilegierte (also erst- und zweitklassige) Gläubigerinnen und Gläubiger teilnehmen, sofern die FINMA keinen erweiterten Teilnehmerkreis bestimmt.

Ergibt sich nach Durchführung des Hilfskonkursverfahrens ein Überschuss, kann dieser der Masse des ausländischen Konkursverfahrens zur Verfügung gestellt werden. Voraussetzung ist, dass die Prüfung des ausländischen Kollokationsplans positiv ausfällt, d.h. die Forderungen von Gläubigerinnen und Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz sind im ausländischen Kollokationsplan angemessen berücksichtigt worden. Mithin darf keine Benachteiligung im Vergleich zu inländischen Gläubigerinnen und Gläubigern mit gleichem Forderungsrang stattfinden.

Abgekürztes Verfahren als Regelfall

Alternativ zur Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens kann die FINMA der ausländischen Konkursverwaltung das in der Schweiz belegene Vermögen ohne Durchführung eines inländischen Partikularverfahrens der ausländischen Insolvenzmasse zur Verfügung stellen. Hierzu ermächtigt die FINMA die ausländische Konkursverwaltung, eigenständig die Ansprüche der ausländischen Konkursmasse geltend zu machen, gegebenenfalls zivilrechtlich durchzusetzen und die in der Schweiz gelegenen Vermögenswerte zu repatriieren.

Voraussetzung für ein solches abgekürztes Verfahren gemäss Art. 37g Abs. 2 BankG ist zum einen, dass im ausländischen Insolvenzverfahren alle pfandgesicherten Forderungen und alle privilegierten Forderungen von Gläubigerinnen und Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz gleichwertig behandelt werden. Zum anderen müssen alle übrigen Forderungen von Gläubigerinnen und Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz eine angemessene Berücksichtigung finden.

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